Wir hoffen, dass sie alle rechtzeitig auschecken konnten und keiner seinen Zug oder Flug verpasst hat – in der Nacht und am Morgen klingelten mehrere Wecker, doch keiner schien sich verantwortlich zu fühlen. Wir standen auf jeden Fall auf, verließen das Zimmer und freuten uns auf den zweiten Tag in London.
Da wir in unserer Unterkunft auf das Hinzubuchen des Frühstücks verzichtet haben, stand der Spaziergang zur Tubestation unter dem Motto: Essen suchen. Um nicht schon wieder auf Tesco-Sandwiches zurückgreifen zu müssen (und wir noch so viele Pfund übrig hatten, die es vor dem Flug galt auszugeben) setzten wir uns in ein Café und bestellten Cappuccino, Tee und Pancakes mit Ahornsirup. Zu einem annehmbaren Preis waren wir dann satt.Unsere erste Fahrt mit der U-Bahn an diesem Tag führte uns zum Buckingham Palace. Trotz der frühen Stunde standen Massen von Menschen an den Toren und Zäunen und drückten sich ihre Nase platt. Wenn mich nicht alles täuscht, war sogar die Queen im Hause, denn die Fahne auf dem Dach des prunkvollen Gebäudes war gehisst. Wir erdrängelten uns einen Weg durch die geführten Gruppen und erreichten den angrenzenden Park, der einen zu den Horse Gards führt. Vorbei an gepflegter Natur, (b)rennenden (danke, liebe Autokorrektur – war lustig) Enten und der Bank, auf der Sherlock Holmes in Staffel 3 sitzt, konnten wir anschließend adrett gekleidete junge Männer mit goldenem Helm auf ihren Pferden betrachten (Ein bisschen enttäuscht war ich, dass sie sich bewegen durften – dachte immer, sie müssen stramm stehen).
Auf dem Rückweg zum Palace drifteten wir von der Mall ab und machten es uns auf einem Stück Wiese bequem. Zwei Männer liefen die ganze Zeit Kreise über den Platz und scheuchten jeden auf, der auf einem ihrer Strandstühle platznahm und nicht willig war, dafür zu zahlen. Wir rochen den Braten zum Glück schon vorher, wir schlauen Füchse.
Mit der Tube ging es zur nächsten Station: der Bakerstreet. Schon von weiten konnte man das Haus mit der Nummer 221b ausmachen. Eine nicht enden wollende Schlange von Leuten wartete auf ihren Einlass. So begnügten wir uns damit, im benachbarten Shop überteuerte Sherlock T-Shirts, Schreibfedern, Pfeifen, Bücher und vieles mehr nicht zu kaufen.
Zurück zu U-Bahn, weiter zum Oxford Circus. In DER Einkaufsstraße von London geht einer Frau das Herz und der Geldbeutel auf. Ich wurde ermaht, mich zu beherrschen, doch am Ende sprang trotzdem etwas raus: bei John Lewis kauften wir eine wunderschöne, geschmacklose Teekanne mit Blümchen und den dazugehörigen Tassen. Ein bisschen Kitsch muss schon sein. Und das Set passt auch ganz hervorragend zu unseren Teebehältnissen mit Lissygesicht – in unserer Wohnung entsteht demzufolge bald eine englische Ecke (Milchkännchen, Tea Towel und zusammenhängende Kochhandschuhe werden noch im Internet nachbestellt).
Durch den Hyde Park sollte es nun erst einmal zurück ins Hostel gehen, den Ballast loswerden. Die Speakers Corner erweckte jedoch unser Interesse. In diesem Tumult braucht man eine Weile, um zu realisieren, worum es den Menschen überhaupt geht. Hier treffen sich nämlich Leute nur um zu diskutieren. Einer denkt sich ein Thema aus, stellt sich auf einen Hocker und gibt seine Meinung preis. Die Zuhörer scharen sich um die Person und geben ihr Kontra. Für Außenstehende ist es beeindruckend, aber auch beängstigend, wie sich in die Diskussionen hineingesteigert wird. Schnell wird man hier persönlich bei seiner Argumentation, schreit sich an und spricht böse über die (toten) Mütter der Beteiligten, während es doch eigentlich um wirklich essentielle Themen gehen sollte.
Wir haben uns gekonnt aus den Streitereien herausgehalten und uns lieber ein Eis gekauft.
Im Hostel stellten wir die Einkäufe beiseite, packten die ersten Sachen ordentlich in die Rucksäcke und erholten uns kurz.
Der Covent Garden schließt um 18 Uhr, eine halbe Stunde vorher trafen wir dort ein und schlenderten durch die Markthalle und die angrenzenden Läden. Der Hunger (bzw. die Preise) trieb uns dann in abgelegenere Straßen. Ein sympathischer Pub schloss sich leider von selbst wieder aus, da Freitag und Sonntag Abend kein Essen serviert wird. Doch an Kneipen mangelt es in England nicht und so gingen wir einfach in den nächsten.
Der Urlaub ist nun fast vorbei und wir lassen die schöne Zeit bei Bier, Cider, Burger und Pie Revue passieren.
Im Hostel erwarten uns neue Zimmergenossen. Und als ob wir nicht so schon genug zu erzählen hätten, setzte das Schicksal noch einen drauf. Neben zwei jungen Kerlen und zwei jungen Frauen, lag ein etwa 70-jähriger Mann im Bett. Im Mehrbettzimmer. Okay. Warum nicht. Leider war es keiner von der angenehmen Sorte. Er tippte wild auf seinem Laptop herum und holte sich im Internet das, was er zuhause nicht mehr bekam. Die Älteste, deren Bild wir erspähen konnten, war 24.
Außerdem hat er geschnarcht.